Urlaub – Kommt von erlauben
(mittelhochdeutsch urloup – Erlaubnis weg zu gehen)
Es fällt mir gar nicht so leicht, in den Urlaub zu gehen. Erst freue ich mich Wochen darauf, dann rückt das Datum näher und ich fange an zu rotieren, MUSS ich gerade JETZT wirklich fahren, KANN ich gerade jetzt wirklich fahren? Oder SOLLTE ich es nicht doch noch kurzfristig absagen?
Früher, als ich noch angestellt war, konnte ich es kaum erwarten, obwohl danach sich der Berg der Arbeit meist noch höher auftürmte als vor dem Urlaub. Jetzt hat sich einiges geändert…
Die Arbeit ist besser bezahlt und zeitlich deutlich weniger umfangreich als noch zur Vollzeit-Abhängig-Beschäftigung. Sie macht mir Spaß und erlaubt mir andere Projekte zu verfolgen. Ich habe mehr Zeit für mein Pferd und meine Katzen, für politische Arbeit, für Freundschaften und Beziehungen. Der Druck (da meldet sich das Pflichtbewusstsein) Urlaub zu machen hat also deutlich nachgelassen und die viel beschworene Work-Life-Balance ist besser geworden.
„Warum dann Urlaub?“ fragt das routineliebende Vogelsträusschen in mir. „Kopf in den Sand und weiter wie bisher!“
„Und überhaupt, Urlaub für 8 Tage? Das lohnt sich doch gar nicht!“ Sagt die vielgereiste Langzeittravellerin. „Alles unter 3 Wochen ist doch eh sinnlos.“
„Und dann allein?“ beschwert sich die auf Harmonie gebürstete Frau, die es satt hat mitleidig und irritiert in Bars und Restaurants begrüßt zu werden. Warum allein ist hier die unausgesprochene Frage. Ein Mann allein ist meist besser akzeptiert als eine Frau allein.
Und dann ist es soweit. Der Tag ist da, es geht los. Bis ich den Koffer in die Hand nehme ich aus meiner Wohnungstür trete ist dieser Moment für mich stets unwirklich und weit weg. Bin ich dann unterwegs fühlt es sich… gut… an. Ich genieße schon die Anfahrt zum Bahnhof oder zum Flughafen. Keine alltäglichen Verpflichtungen. Wenn es später wird, egal. Niemand wartet auf mich. Ich genieße es gelassen bleiben zu können, weil ich schon viel unterwegs war und mir sage, ich bin zwar spät dran, aber es hängt nichts davon ab. Ich genieße es, keinen festen Plan zu haben, sondern die Dinge auf mich zukommen lassen zu können.
Im Urlaub ist es dann auch ein Auf und Ab. Meine Routine im Alltag einen ziemlich festen Zeitplan zu haben um Allem und Allen gerecht zu werden, macht sich auch dann bemerkbar, wenn sie eigentlich deutlich auf die Pausenbank verwiesen wurde.
Gelingt es mir, nicht in Rotieren zu kommen, entstehen kreative Bubbles aus denen ich Lust bekomme, was zu schreiben, auf andere Gedanken komme, gute Einfälle habe. Urlaub war für mich noch nie faul am Strand liegen. Ich mag aktiv sein, wandern, mich weiterbilden, lesen, etwas recherchieren. Ich habe dann Zeit für Dinge, die sonst zu kurz kommen.
Auch wenn ich manchmal fast das Gefühl habe, mich dafür rechtfertigen zu müssen, ich bin auch gern -mal- allein. Andere Menschen bringen immer zu Recht auch ihre Themen mit und ich bin in dieser Hinsicht wie ein Schwamm. Ich sauge ihre Bedürfnisse und Wünsche auf und wenn der Schwamm voll ist, dann habe ich wenig für mich selbst aufgesogen. Das ist nicht der Fehler der anderen, aber es fällt mir schwer, darauf zu achten und eine gute Balance zu finden.
Es ist alles gut, wenn ich im Jetzt ankomme. Das ist ja nicht wie ein Kippschalter, sondern das sind Momente. Wenn ich den donnernden Wellen am Atlantik lausche, wenn mich die Farben der Klippen faszinieren, wenn ich die duftende Luft einatmen und an NICHTS anderes denken kann. Wenn ich durch einen Pinienwald laufe und sich über mir eine grüne Kuppel erstreckt, wenn ich bei meiner reiterlichen Fortbildung spüre, da waren das Pferd und ich ganz miteinander, wenn ich mit einer Tasse Kaffee im Bett den Laptop auf den Beinen balanciere und endlich die Texte schreibe , die ich schon lange schreiben möchte. Wenn ich es genieße unterwegs zu sein und keine Agenda habe, sondern es mal laufen lasse.
Erlauben – Urlauben.
Die Antworten lauten:
Urlaub, weil:
Auch eine angenehme Routine eine Routine ist und gewisse Gedanken schwerer denkbar sind wenn man funktioniert.
Auch 8 Tage eine valide Zeit sind und wer stellt eigentlich diese BESCHEUERTEN Regeln von 3 Wochen auf?!
Es mir f*cking egal sein kann ob Leute denken eine Frau ist nur vollständig in Gesellschaft oder dass es Verschwendung sei, diese Zeit allein zu verbringen. Es tut mir gut und die Leute dürfen ihre Vorurteile behalten.
Ciao Vogelsträusschen,
Ciao Langzeittraveller*in und
Ciao Menschen, die das Bedürfnis einer Frau allein sein zu wollen, nicht verstehen können oder wollen
– denn ich bin… im Urlaub.